Warum bekommt der Specht kein Kopfweh?

Eigentlich müssten Spechte einen echten Brummschädel haben: bis zu 12.000 Mal am Tag und 20 Mal pro Sekunde hacken sie mit ihrem Schnabel auf Baumstämme ein - doch von Kopfschmerzen keine Spur.

Tock-tock-tock - mit einem gut hörbaren Hämmern trommeln die Vögel während der Partnersuche ihre Liebesbotschaften an die Bäume. Aber auch sonst tackern Spechte mit ihrem Schnabel unermüdlich an die Rinde - das ganze Jahr über. Auf diese Weise suchen und finden sie ihre Nahrung, kleine Holz bewohnende Insekten, Ameisen oder Spinnentierchen. Mit ihrer langen, ausziehbaren Zunge zerren sie die Beute aus den engsten Ritzen und Gängen. Oder sie zimmern sich eine bequeme Höhle für den Nachwuchs. Bis zu 12.000 Mal donnert ein Specht am Tag mit seiner Schnabelspitze gegen einen Baum, dabei muss sein Körper einen Aufprall vom 1200fachen der Erdbeschleunigung ausgleichen. Das ist ungefähr so, als würden wir unseren Schädel mit 26 Kilometern pro Stunde an eine Wand schlagen. Schon nicht schlecht, dass der Specht da keine Kopfschmerzen bekommt.

Der Specht-Schädel ist etwas ganz Besonderes. Der Schnabel des Spechts ist wie ein Meißel geformt, die Knochen im Schädel sind besonders dick, sie haben eine schwammartige Struktur und funktionieren dadurch wie Stoßdämpfer. Im Unterkiefer sitzt der so genannte Quadratumknochen, er gibt die Wucht des Aufpralls an eine besonders stark ausgeprägte Halsmuskulatur weiter. Auch die Kiefermuskeln, die sich vor dem Aufprall in Millisekunden zusammenziehen, leiten die Wucht des Schlags vom Gehirn weg - und um den Kopf herum.

Spechte sind international. Man findet sie auf allen Kontinenten, nur nicht in der Antarktis (wo es an Bäumen fehlt) und in Australien (das Land wurde zu früh von den anderen Kontinenten abgespalten). Es gibt über 220 verschiedene Arten von Spechten. Nur neun leben in Mitteleuropa, sie finden sich auch in deutschen Wäldern: Schwarzspecht, Kleinspecht, Buntspecht, Mittelspecht, Weißrückenspecht, Dreizehenspecht, Grauspecht, Grünspecht und der so genannte Wendehals.

Der Specht ist eine Schlüsselart. Als einziger Waldbewohner, der Höhlen in Bäume klopfen kann, kommt ihm eine ganz besondere Rolle im Wald-Ökosystem zu. Von verlassenen Specht-Behausungen profitieren nämlich unzählige Folgenutzer, zum Beispiel Wildbienen, andere Vögel, Fledermäuse oder auch Marder. Ohne Höhlen könnten diese Arten nicht existieren, oder sie hätten es zumindest ganz schön schwer in ihrem Leben.

Der Specht ist preisverdächtig: Sein unverwechselbares Klopfen hat ihm sogar schon eine Oscar-Nominierung beschert. Welcher andere Vogel könnte das schon von sich behaupten? In den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts machte der Buntspecht jedenfalls richtig Karriere. Als „Woody Woodpecker“ feierte er in den Cartoons des Amerikaners Walter Lantz große Erfolge. Der „Woody Woodpecker“-Song aus dem Film „Wet Blanket Policy“ war 1949 für den Oscar nominiert. 2006 bekamen die US-Forscher Iwan Schwab und Philip May aus Kalifornien für ihre Forschungen zum Klopfmechanismus des Spechts den Ig-Nobelpreis. Dieser Preis ist zwar nicht ganz so renommiert wie der Nobelpreis aus Stockholm, hat aber längst Kultcharakter. Verliehen wird er - unter der Regie der Harvard Universität in Boston - für Arbeiten, „die erst zum Lachen und dann zum Nachdenken“ anregen.

Specht deutsch
Woodpecker englisch
Picidae lateinisch = Familie der Spechte

SR | SCG

Quelle: Warum kriegt der Specht kein Kopfweh? Dumont Verlag | Februar 2008

 

 


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